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Südlatium – Geschichte, Kunst, Natur und kulinarische Genüsse

12-tägige Kultur- und Studienreise vom
24. September bis 5. Oktober 2017 (Teil 1)

Das südliche Latium zählt zu den schönsten Regionen Italiens. Neben der Schönheit der Landschaft finden sich überall Spuren der vorrömischen, römischen und mittelalterlichen Geschichte. Besonderes spannend ist auch die religiöse Vergangenheit dieser Region mit ihrer Fülle von Klöstern und Abteien. In Terracina fand Goethe auf seiner Italienreise 1787 endlich das langersehnte »Land des Lichts« „wo die Zitronen blühn, im dunklen Laub die Goldorangen glühn“. Hier betritt man Italiens Süden.

Sperlonga: Altstadt und Torre Truglia

Wir übernachten zunächst in Sperlonga, dem schönsten Ort an der latinischen Küste. Er steht mit seinen weiß getünchten Häusern auf einem Hügelvorsprung über der Küste und bildet ein Geflecht mit auf- und absteigenden engen Treppengassen. Unser Hotel befindet sich in unmittelbarer Nähe der Altstadt. Der zweite Abschnitt unserer Reise führt uns in die Ciociaria, eine Landschaft voller Mythen und Legenden, in den bekannten Kurort Fiuggi. Von dort erkunden wir uralte Bergstädte, wie Anagni – die Stadt der Päpste – und unternehmen einen Ausflug nach Rom. Unser Reiseziel ist auch bekannt durch eine Vielfalt an kulinarischen Genüssen und schmackhaften Weinen. Da bei allen unseren Reisen der Weg das Ziel ist, haben wir zwei Zwischenübernachtungen in einem sehr guten Hotel in der Innenstadt von Piacenza in der Emilia Romagna eingeplant.

1. Tag, Sonntag: Fahrt nach Piacenza
Bei schönstem Wetter fuhren wir mit 40 kulturinteressierten Teilnehmern durch die Schweiz und an Mailand vorbei in die Emilia Romagna. Unterwegs erhielten alle Teilnehmer umfangreiches Informationsmaterial zu den Tageszielen und Sehenswürdigkeiten. Unser Ziel am 1. Tag war eine der ältesten Städte Italiens, die am Po gelegene Stadt Piacenza.

Piacenza hat heute rund 103.000 Einwohner und ist reich an Sehenswürdigkeiten. Die Stadt lag in der Römerzeit an der Kreuzung zweier Fernstraßen und ist seither ein bedeutendes Zentrum für Handel und Handwerk. Die kleine, aber sehenswerte Altstadt wird von einer Festungsmauer umschlossen. Palazzi aus dem 16. bis 18. Jh. säumen die Gassen, die auf die Piazza del Cavalli zulaufen. Von dem zentralen Platz führt eine autofreie Einkaufsstraße zum romanischen Dom.

Piacenza: Langhaus und Chor des Domes

Der Dom wurde zwischen 1122 und 1233 im römisch-lombardischen Stil erbaut. Piacenza besitzt insgesamt mehr als 100 Kirchen und hat damit nach Rom die meisten Kirchen in Italien.

Piacenza spielte im 12. und 13. Jh eine wichtige Rolle im Lombardenbund. Die meiste Zeit wurde die Stadt von den Guelfen regiert. Nachdem Piacenza 1545 mit Parma zu einem Herzogtum vereinigt wurde, herrschte die Familie Farnese über die Stadt. 1796 besetzten Franzosen die Stadt, 1848 trat Piacenza dem Piemont bei. Ab 1859 war die Stadt von den Österreichern besetzt, danach wurde sie Teil Italiens.

Dort wo einst das römische Forum im Zentrum stand, spielt sich auch heute (wie im Mittelalter) das eigentliche Leben der Stadt ab: auf der Piazza del Cavalli, nach den beiden Reiterstandbildnissen benannt, die um 1620 zum Ruhme zweier Parneser Herzöge geschaffen wurden. Sie gelten als die vielleicht schönsten Barock-Reiterbildnisse Italiens. Viele von uns nutzten noch die Zeit bis zum Abendessen für einen Bummel durch die Stadt und für einen Drink in einem der vielen Cafes.

Piacenza: Blick von der Dachterrasse zum Palazzo Farnese

Wir übernachteten in dem mitten in der Innenstadt gelegenen 4-Sterne Hotel Grande Albergo Roma. Von der Dachterrasse des Hotels im siebten Stock, wo auch das Abendessen serviert wurde, hatten wir einen traumhaften Blick auf die malerische Altstadt.

2. Tag, Montag: Ankunft in Sperlonga
Die Weiterfahrt erfolgte über die Strada del Sole nach Sperlonga. Wir fuhren durch die Toskana und Umbrien, vorbei an Orvieto und Rom. Bereits bei der Autobahnabfahrt Frosinone beeindruckte uns die malerische Landschaft der Ciociaria mit den Bergen, Hügeln und Tälern.

Sperlonga: Ein erster Blick auf das Meer und die Tiberius-Grotte

Auf der Anhöhe von Sperlonga konnten wir einen ersten Blick auf das Mittelmeer und den Strand werfen. In nördlicher Richtung war der Monte Circeo zu erkennen, wo der Legende zufolge die Zauberin Circe lebte, die Odysseus und seine Männer durch ihren betörenden Gesang in ihren Bann zog, um sie anschließend in Schweine zu verwandeln. Nur mit Hilfe eines von Hermes geschenkten Heilkrautes konnte der Zauberbann später wieder gebrochen werden. Odysseus versöhnte sich mit der Magierin, die ihm später den Telegonos gebar, den mythischen Begründer diverser latinischer Städte.

Sperlonga: Gasse in der Altstadt

Sperlonga ist der schönste Ort an der latinischen Küste. Er steht mit weiß getünchten alten Häusern auf einem Hügelvorsprung über der Küste. Ein Geflecht auf- und absteigender enger Treppengassen, Bögen und schmaler Durchlässe bilden das kleine alte Zentrum mit seinen Geschäften und Restaurants. Ein erster Rundgang führte zu malerischen Winkeln und schönen Blicken auf die Küste und zu den unterhalb liegenden herrlich gepflegten Sandstränden. Viele bekannte Persönlichkeiten haben sich eine Zeitlang in Sperlonga aufgehalten. Albert Camus, Arthur Miller, Marlene Dietrich, Brigitte Bardot, Andy Warhol und viele andere.

Unser 4-Sterne Virgilio Grand Hotel befindet sich am Fuße der Altstadt, nur 3 Gehminuten von dem mit der blauen Flagge ausgezeichneten Strand entfernt, an dem wir nach dem Abendessen noch einen ausgedehnten Spaziergang unternehmen konnten.

3. Tag, Dienstag: Sperlonga, Circeo-Nationalpark
Gleich am Morgen konnten wir die Archäologin und Reiseleiterin Elisabeth Bruckner begrüßen, die uns in den kommenden sechs Tagen bis zu unserem Besuch in Rom fachkundig begleitete. Mit ihr besuchten wir zuerst die Ausgrabungen einer der bedeutendsten Villen aus der Römerzeit, die Villa des Tiberius. Das oberhalb gelegene archäologische Museum der Villa beherbergt römische Statuen, die an die Abenteuer des Odysseus erinnern.

Sperlonga, Villa Tiberius, Blendung des Polyphem

Den Mittelpunkt der unmittelbar am Strand gelegenen Grotte bildete die heute im Museum zu sehende gigantische Figurengruppe um den menschenfressenden einäugigen Riesen Polyphem. Odysseus und seine Gefährten blendeten den Zyklopen und konnten so entkommen. Aus den Fragmenten konnte auch eine Skulptur mit dem Meeres-Ungeheuer Skylla rekonstruiert werden. Das Wesen mit dem Oberkörper einer jungen Frau und einem Unterleib, der aus sechs Hunden besteht, greift den auf einem Schiff vorbeifahrenden Odysseus an und tötet sechs seiner Männer.

Sperlonga, Elisabeth erläutert die Villa Tiberius

Auf dem Weg vom Museum hinunter zu den Ausgrabungen und der Grotte konnte Elisabeth bereits umfangreich über die Geschichte erzählen. Hierbei ist das Audio-System eine wertvolle Hilfe.

Sabaudia, Kirche und Kampanile (1935)

Während der Fahrt zum Circeo-Nationalpark, einem der ältesten Naturschutzgebiete Italiens, der 1934 gegründet wurde, kamen wir durch Sabaudia. Im Rahmen der Trockenlegung der pontinischen Sümpfe entstand die Retortenstadt während des italienischen Faschismus und wurde von König Vittorio Emanuele III. am 15. April 1934 eingeweiht. Zu diesem Zeitpunkt war die Kirche noch im Bau. Wir legten noch einen kurzen Halt unterhalb des Monte Circeo ein. Dort wurde bereits in römischer Zeit ein Kanal zwischen dem Mittelmeer und dem hinter der Düne liegenden Binnensee erbaut.

Nach der Rückfahrt zum Hotel stand der Nachmittag zur freien Verfügung, um durch Sperlonga zu bummeln oder im Meer zu baden.

Sperlonga: Schnappschuss vom Schuhladen

Da der neapolitanische Schuhhersteller Antonio d'Anna in Sperlonga seine modischen handgemachten Schuhe nicht nur produziert, sondern im Ort auch zu erschwinglichen Preisen verkauft, mussten nur diejenigen gefunden werden, die den eigentlich schon geschlossenen Laden für uns öffneten ... Dass dies geklappt hat, konnte man nach wenigen Tagen an den neuen Schuhen einiger TeilnehmerInnen erkennen ...

Nach einem erfolgreichen Einkaufsbummel schmeckte das Abendessen im Hotel gleich doppelt so gut.

4. Tag, Mittwoch: Abtei Valvisciolo, Garten von Ninfa und Sermoneta
Wir fuhren zunächst zur Abtei von Valvisciolo, eines der eindrucksvollsten Zisterzienser-Klöster Mittelitaliens, das seit 1167 besteht. Zwar wurde das Kloster durch Napoleon Bonaparte 1807 geschlossen, aber Papst Pius IX. ließ es restaurieren und 1864 durch Zisterzienser des Klosters Casamari wiederbesiedeln.

Valvisciolo: Begrüßung vor dem Kloster

Der von einem der Zisterzienser ausgesprochene Reisesegen hat uns und Busfahrer Jakob ganz offensichtlich bis zum letzten Tag begleitet und beschützt! Danach wurden wir zu einer Führung durch den Garten von Ninfa erwartet, den die New York Times zum „schönsten Garten der Welt“ erklärt hat.

Ninfa: Blick durch den herbstlichen Garten

Die Ursprünge von Ninfa liegen schon in der Römerzeit. Bis heute sind die Besucher fasziniert über die wieder hergestellte Schönheit. Tausende von Pflanzen wachsen hier zwischen den malerischen Ruinen von Häusern, Kirchen und Toren.

Ninfa: Trotz wochenlanger Trockenheit blühte es im Garten

Der Garten ist für Besucher nur an jedem ersten Wochenende im Monat und für Besuchergruppen nur nach Voranmeldung zugänglich. Unsere Gartenführerin Elisabetta konnte uns am Ende der Führung die heute veranwortliche Gartengestalterin vorstellen, die im Auftrag der Stiftung Roffredo Caetani den einzigartigen Landschaftspark betreut.

Unseren üppigen Mittagsimbiss mit dem köstlichen Schinken aus Bassiano nahmen wir im gleichnamigen Ort ein. Bei der Fahrt nach Sermoneta bewies unser Fahrer Jakob Hauprichs seine Nervenstärke und Fahrkunst, in dem er den Bus nach einigem Vor- und Zurücksetzen durch einen Engpaß bugsierte.

In Sermoneta – mit dem antiken Namen Salmo sogar in Vergils Aeneis genannt – erwartete uns eines der besterhaltenen mittelalterlichen Dörfer Italiens mit einem der wenigen vollkommen intakt gebliebenen Castelli des Mittelalters.

Sermoneta: Zugang zum Castello Caetani

Die dominierende Festungsanlage der Familie Caetani besichtigten wir im Rahmen einer Führung. Auf dem Weg in den Ort kamen wir an einer besonderen Bäckerei vorbei. In der „Antico Biscotteficio i dolci di nonna Maria“ sind nur Frauen in der Backstube tätig. Für das bevorstehende Fest wurden „Serpette“ (Schlangen) aus Teig gebacken. Wir wurden wiederholt angesprochen, ob wir nicht zum Fest wiederkommen, bei dem die Bevölkerung die Schlacht von Lepanto in historischen Kostümen nachspielt, weil die Familie Caetani erfolgreich an dieser Schlacht teilgenommen hatte ... Nachdem wir auf der mittelalterlichen Piazza noch einen Kaffee oder ein Glas Wein genießen konnten, fuhren wir zurück nach Sperlonga.

5. Tag, Donnerstag: Abtei Fossanova, Terracina
Wir fuhren in das Hinterland von Sabaudia zur Abtei von Fossanova. Die Fundamente der Klosterkirche wurden 1163 unter Abt Gerard gelegt und die Kirche 1208 vollendet. Der zisterziensisch-burgundische Baustil der am Ende des 14. Jhs. vollendeten Abtei war später auch Vorbild für andere süditalienische Klöster.

Fossanova: Klosterkirche mit Fensterrosette

Neben der Kirche mit einer großen Fensterrosette sind auch der schöne Kreuzgang mit dem Lavatorium, der Kapitelsaal und das Refektorium außerordentlich sehenswert. Im Turm eines Nebengebäudes befindet sich der Raum, in dem der heilige Thomas von Aquin seine letzten Lebensjahre verbrachte und meditierte. In einem der Räume, die um den Kreuzgang liegen, befindet sich das Sterbezimmer des großen Heiligen und Theologen.

Während einer Pause vor der Weiterfahrt konnten einige von uns im Klostercafé ein Glas Prosecco aus Franciacorta genießen, die anderen ihren Cappucino oder Espresso.

Danach ging es weiter nach Terracina, einem Städtchen in der Mitte zwischen Rom und Neapel, ein Sehnsuchtsort mit antiken Ruinen, endlosen Stränden und unverfälschtem Alltag.

Terracina: Eine prächtige Aussicht auf die Stadt

Von der ehemaligen Tempelanlage auf dem Monte S. Angelo - rund 200 m über dem Meer - bot sich ein herrlicher Ausblick auf Terracina, die Küste bis zum Monte Circeo und auf die pontinische Ebene. Von dem einst großen Jupiter-Anxur Tempel sind nur wenige Ruinen erhalten, allerdings hat sich die mächtige Terrasse aus gemauerten Gewölben (Substruktionen) bis heute erhalten.

Terracina: Auf mächtigen Substruktionen standen die Tempelanlagen

Danach begaben wir uns durch eines der römischen Stadttore in die ummauerte Oberstadt und kamen an der barocken Chiesa del Purgatorio vorbei, von deren Fassade ein steinernes Skelett herunterblickt. Über steile Stufen und auf einem Teil der Stadtmauer erreichten wir die Piazza Municipio. Die großen Bodenplatten mit den darin eingelegten Buchstaben waren das Forum der antiken Stadt. Auch das seitlich am Platz vorbeiführende Teilstück der Via Appia hat noch den ursprünglichen Belag.

Terracina: Das Forum, die Via Appia und der Dom bilden die Piazza Municipio

Der Platz wird dominiert von dem Dom San Cesareo, der 1074 geweiht und im 12./13. Jh. erweitert wurde. Außerdem kamen wir vorbei am mittelalterlichen Ratssitz und den Ausgrabungen des ehemaligen Kapitolstempels.

Das Centro Storico ist noch schönstes Bilderbuch Italiens. Bereits Johann Wolfgang von Goethe wandelte hier 1787 während seiner Italienreise. Es ist Spätnachmittag geworden. Wir hatten Glück und bekamen in der Fischereikooperative am Hafen, in der die Fischer ihren Fisch selbst vermarkten, noch Gerichte mit frisch gefangenem Fisch, bevor wir zurück nach Sperlonga fuhren. Bei der Fahrt sahen wir viele dunkelhäutige Männer auf Fahrrädern, insbesondere Inder, die auf den Feldern in der Pontinischen Ebene arbeiten.

Hinweis:
Aufgrund der Länge des Reiseberichtes und der Vielzahl der Fotos haben wir einen 2. Teil für den 6. bis 12. Reisetag erstellt. HIER geht es weiter zum Teil 2.

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