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Marseille: Die wilde Schöne in neuem Glanz

7-tägige Kultur- und Studienreise mit Bus und Bahn
vom 22. bis 28. Februar 2017

Für unsere Reise über die Karnevalstage in die südfranzösische Hafenstadt Marseille nutzten wir den schnellen TGV ab Strasbourg. Wir wohnten im 3-Sterne Hotel Escale Océania in bester zentraler Lage am Vieux Port und der Prachtstraße Canebière, die zum Alten Hafen führt und gesäumt ist von Kaufhäusern, Bistros und einem Belle-Époque-Palais. Alle Zimmer hatten Blick auf den alten Hafen. Selbst sonntags sind die Läden und Lokale der Hafenterrassen geöffnet und bildeten die perfekte Kulisse um bei einem Pastis den Abend zu planen.

1. Tag, Mi. 22. Februar: Anreise mit dem Bus und dem TGV

Strasbourg Hbf, Foto: F. Schliephake

Seit 2007 liegt die Fassade des 1883 eröffneten und aus Vogesen-Sandsteinen erbauten Straßburger Hauptbahnhofs hinter einer modernen Glasfassade. Foto: Frank Schliephake

Mit dem Bus fuhr unsere 39 Personen starke Gruppe bis Strasbourg Hbf (261 km). Dort stiegen wir um in den TGV 6837 und nahmen unsere reservierten Plätze ein. „TGV“ ist die Abkürzung für den Train à grande vitesse (Hochgeschwindigkeitszug). Pünktlich um 11.13 Uhr begann unsere Reise von Strasbourg über Mulhouse-Ville – Belfort-Montbéliard TGV – Besançon-Viotte – Lons-Le-Saunier – Bourg-en-Bresse – Ambérieu – Lyon Part-Dieu – Valence TGV – Avignon TGV nach Marseille St. Charles. Dort trafen wir nach 806 km Fahrtstrecke fahrplanmäßig um 17.22 Uhr ein. Streckenweise rollte der Zug recht gemütlich, da er Schnellfahrstrecken nur zwischen Belfort und Besançon sowie zwischen Lyon und Marseille befährt. Hier erreichte der TGV die zugelassenen 320 Stundenkilometer, lief dabei aber erheblich ruhiger als unser deutscher ICE bei 200 km/h.

Mit der Metro-Linie M 1 erreichten wir unser Hotel Escale Oceania in der Canebière, direkt am Vieux Port (alter Hafen), mit guten Zimmern, einem stets reichhaltigen Frühstück und freundlichem Personal. Ein erster Bummel führte einige Teilnehmer am frühen Abend über die Canebière, Hauptgeschäftsstraße und Visitenkarte der Stadt. Sie wurde von einer ehemals sechsspurigen Autostraße rückgebaut auf zwei Spuren, dazu eine neue Straßenbahn-Trasse und breite Bürgersteige zum Flanieren. Andere promenierten den Kai des Vieux Port entlang, einst Fischereihafen und heute „port de plaisance“, in dem zahlreiche Segel- und Motorboote überwintern. Den Tag ließen wir ausklingen bei einem gemeinsamen Fischmenu in der Brasserie OM am alten Hafen. Dabei steht OM für die Fußballmannschaft Olympic-Marseille, die leider am 27. Februar mit 5:1 gegen Paris St.-Germain verloren hat.

2. Tag, Do. 23. Februar: Panorama City Tour

Während einer dreistündigen Busfahrt mit Stadtführerin Josiane Bercier gewannen wir einen Überblick über die wichtigsten Sehenswürdigkeiten der rund 600 v. Chr. gegründeten Stadt Marseille. Höhepunkt war der Anstieg zum Wahrzeichen von Marseille, der die Stadt überragenden Basilika Notre Dame de la Garde.

Marseille, Notre Dame de la Garde vom Hotel aus

Ihr Kirchturm trägt eine vergoldete Statue der Madonna mit dem Kind, die über die Geschicke der Stadt wacht. Zur Basilika führen 80 Treppenstufen, die früher von bußfertigen Pilgern auf den Knien erklommen wurden. Zahlreiche ex-votos, meist Gemälde, aber auch Schiffsmodelle und zahlreiche Tafeln zeugen vom Dank der Bittsteller, denen die Madonna geholfen hatte.

Marseille, Palais Longchamp

Die Busfahrt endete am Palais Longchamps, einem Palast errichtet auf einem großen Wasserbehälter. Das Palais gilt als eine der besten architektonischen Meisterleistungen des zweiten Kaiserreichs. Hier endet die ab 1839 erbaute 85 km lange Wasserleitung, die noch heute durch Tunnels und über Äquadukte vom Fluss Durance her die Stadt mit frischem Trinkwasser versorgt. Nach einem kleinen Imbiss im nahe gelegenen Bistro Longchamps oder einfach einem Sonnenbad im Park besichtigen wir das Museum der schönen Künste im Palais Longchamps. Hier sind Gemälde, Skulpturen und Zeichnungen aus dem 16. bis zum 19. Jahrhundert zu sehen: Landschaftsbilder, Szenen aus der Bibel, klassische Skulpturen, Porträts lokaler Größen, aber auch drei Rubens und ein Tintoretto. Der Abend stand zur freien Verfügung.

3. Tag, Fr. 24. Februar: Altstadt und MuCEM – Museum der Zivilisationen Europas

Marseille, Führung mit Anne durch das Viertel Le Panier

Am Morgen erwarteten uns wieder Josiane Bercier und als zweite Führerin Anne Millou. Wir besichtigten das alte Stadtviertel Le Panier, entstanden auf den Resten der alten griechischen Ansiedlung Massalia. Zahlreiche Häuser wurden 1943 gesprengt von den Nazi-Besatzern, die hier einen „Hort der Résistance“ sahen, 27 000 Bewohner wurden obdachlos, rund 6000 „Missliebige“ deportiert. Gleichwohl blieben die meisten der alten Gassen und lauschigen Plätze erhalten. Wir sahen das Hôtel Dieu (modernes Hotel in einem Gebäude aus dem 18. Jh.), das Alte Rathaus, die Vieille Charité (ehem. Armen-Krankenhaus) und den Place des Moulins. Nicht wenige von uns aßen in einem der kleinen Bistros am Place de Lenche zu Mittag.

Der Mistral, ein kalter Fallwind aus den Seealpen, wurde stärker und stärker und erreichte, wie aus den Schaumkronen auf dem Mittelmeer ersichtlich, Windstärke 7 bis 8. Unser Schiff zum Archipel Frioul verkehrte daher nicht; die Fahrt wurde verschoben auf Sonntag. Stattdessen zogen wir das Samstagsprogramm vor und besuchten mit Anne und Josi den alten Hafen mit der modernen Museumsarchitektur.

Marseille, Alter Hafen mit Museum MuCEM © Atout France/Cédric Helsly

Das MuCEM. besteht aus einem riesigen Gebäudekomplex von fast 30.000 Quadratmetern an der Zufahrt zum Alten Hafen und ist über einen 130 Meter langen Fußgängersteg (Passerelle) mit dem historischen Ensemble des Fort Saint Jean verbunden. Es wurde 2013 eröffnet und widmet sich den Kulturen des Mittelmeerraumes in der Vergangenheit und Gegenwart.

Bei unserer Führung, die am spiegelnden Pavillon von Architekt Norman Foster begann, lernten wir die architektonischen Besonderheiten des neu gestalteten Dockgeländes an der Schnittstelle zwischen neuem und altem Hafen kennen.

Wir schlenderten am Hafen vorbei zum unter Louis XIV errichteten Fort St. Jean zur Villa Méditerranée, einem Kongressbau mit frei schwebendem Vorbau.

Marseille, Notre Dame de la Major

Die Führung endete an der Cathédrale de la Major, der Bischofskirche der Erzdiözese Marseille in neoromanisch-byzantinischen Stil, erbaut ab 1852. Von der Terrasse des gegenüberliegenden Einkaufszentrums „Les Terasses du Port“ warfen wir einen Blick auf das vom Mistral bewegte Mittelmeer und rundeten unsere Besichtigungstour mit einem Café oder Rosé ab.

4. Tag, Sa. 25. Februar: Das Künstlerdorf L'Estaque und Bootsfahrt Calanques

Marseille, Moderne Straßenbahnen

In vielen französischen Städten hat es in den letzten Jahren eine Renaissance der Straßenbahnen gegeben, so auch in Marseille. Zunächst mit der Tram und dann mit dem Bus der Linie 35 fuhren wir ab La Joliette an die nördliche Stadtgrenze von Marseille zum Viertel L’Estaque. Josi und Anne führten uns durch dieses Stadtviertel, der Wiege der modernen Malerei. Hier wirkten und malten in den Jahren 1860 bis 1920 u.a. Georges Braque, Paul Cézanne, Edgar Degas, André Derain, Raoul Dufy, Othon Friesz, Paul Guigou, August Macke, Albert Marquet, Adolphe Monticelli und Pierre-Auguste Renoir.

Wir sahen die Wohnhäuser von Paul Cézanne und Edgar Degas und unsere Führerinnen zeigten uns verschiedene Ansichten von l’Estaque, die diesen Malern als Vorbilder für ihre Werke dienten.

Marseille Calanques © C.Chillio - CRT PACA

Gleich um 14 Uhr startete die ursprünglich für Montag vorgesehene dreistündige Schifffahrt zu den Calanques. Zwischen Marseille und Cassis erstrecken sich über mehr als 20 km kleine fjordartige Einbuchtungen mit kristallklarem türkisblauem Wasser in steilwandige Kalkfelsen, die Falaises de Soubeyran. Überall auf den Felsen bemerkten wir Wanderer oder einfach Sonnenhungrige, ein paar Mutige (nicht aus unserer Gruppe) wagten sich sogar ins Mittelmeer. Einige auf der „richtigen“ Seite des Bootes Sitzende sahen sogar springende Delphine. In den Calanques wurde das Flugzeug des seit 31. Juli 1944 verschollenen Schriftstellers Antoine de St. Exupéry – damals als Aufklärungspilot für das Freie Frankreich tätig – gefunden und im Jahre 2004 geborgen.

5. Tag, So. 26. Februar: Schifffahrt Archipel Frioul

Heute fand die am Freitag geplante Schifffahrt vom Vieux Port zum Archipel Frioul statt, welches mit seinen vier Kalksteininseln Île Pomègues, Île Ratonneau, Île Tiboulen und Île d’If dem Hafen vorgelagert ist. Wir gingen an Land auf der Île d’If mit dem berühmten Château d’If. Es wurde unter Franz I von 1529 bis 1531 (falsche Inschrift über dem Tor: 1524) als Festung erbaut, diente aber ab 1580 als Gefängnis. Hier saßen zahlreiche Gefangene ein: Protestanten, der Abbé Faria, der Graf von Mirabeau, Anhänger der Pariser Kommune von 1871 oder der geheimnisvolle, nie identifizierte „Mann mit der eisernen Maske“. Alexandre Dumas machte das Château d’If im Jahre 1846 zum Gefängnis seines Helden Edmond Dantès (alias Comte de Monte-Christo), der von hier entfliehen konnte.

Marseille, Gruppenfoto am Château d'If

Da uns keine Haft drohte, konnten wir uns bei herrlichem Frühlingswetter getrost zu einer Gruppenaufnahme zusammenfinden. Der Nachmittag und Abend war zu unserer freien Verfügung.

6. Tag, Mo. 27. Februar: Zur freien Verfügung

Der Tag stand zur freien Verfügung, da wir die für heute geplante Bootsfahrt vorgezogen hatten. Es standen verschiedene Ziele zur Auswahl. Die meisten von uns besuchten beim Fort St. Jean das MuCEM (Museum des Arts des Civilisation de l’Europe et de la Méditerranée) in den von Rudy Ricotti entworfenen transparenten Kubus. Eine spannende Ausstellung „Après Babel“ zeigte das Werden der Kulturen und Religionen im Mittelmeerraum (Judentum, Christentum, Islam), von der Bibel zum Stein von Rosette, von Aristoteles zu Tim und Struppi und von Edgar Allen Poe bis Marcel Duchamp.

Marseille, Saint Victor

Andere besuchten die wuchtige romanische Basilika St. Victor. Während das zugehörige Beneditinerkloster in der Revolution zerstört wurde, blieb die Kirche erhalten. Sie beherbergt in einem Seitenaltar Reliquien des Martyrers Victor und in der ausgedehnten Krypta mehrere in den Fels gehauene Sarkophage.

Beim gemeinsamen Abschieds-Abendessen in der Brasserie OM wurde die traditionelle Bouillabaisse serviert, eine Fischsuppe mit verschiedenen Sorten Fisch (Knurrhahn, Rotbarbe, Petersfisch), Garnelen und Miesmuscheln.

7. Tag, Di. 28. Februar: Rückfahrt

Am Tag der Rückfahrt regnete es, als sollte unserer Gruppe der Abschied nicht allzu schwer fallen.

Marseille, Rückfahrt im Obergeschoss des TGV, Foto: F. Schliephake

TGV 9582 brachte uns von Marseille St. Charles (Abfahrt 8.14 Uhr) - mit gegenüber der Hinfahrt etwas abweichenden Halten - über Aix-en-Provence TGV – Avignon TGV – Lyon Part-Dieu – Châlons sur Saône – Besançon Franche-Compté TGV – Belfort-Montbeliard TGV Mulhouse-Ville nach Strasbourg. Aufgrund von Bauarbeiten kamen wird statt um 13.44 Uhr mit rund 20 Minuten Verspätung in Strasbourg an. Hier wartete „unser“ Jakob bereits mit dem Bus auf uns und fuhr uns nach Koblenz; die üblichen Staus auf der A 61 zeigten, dass wir wieder in Deutschland waren.

Resumé: Für die 806 Kilometer lange Strecke von Marseille bis Strasbourg brauchte der TGV nur 4 ½ Stunden, für die lediglich 261 Kilometer von Strasbourg bis Koblenz benötigten wir mit dem Bus weitere 3 ¼ Stunden.

Termin: Mittwoch, 22. Februar 2017
Abfahrt: 7.00 Uhr, Koblenz, Reisebusbahnhof
Rückkunft: Dienstag, 28. Februar 2017
Reisepreis: Mitglieder: 851,00 € p.P. im DZ, Gäste: 866,00 € p.P. im DZ
EZ-Zuschlag: 267,00 €

Leistungen:

  • Transfer nach und von Straßburg mit dem Bus
  • Zugfahrten 2. Klasse mit dem TGV Straßburg–Marseille u.z.
  • 6 ÜF im 3-Sterne Hotel Escale Océania in Marseille
  • 1x Abendessen in Marseille
  • Bootsfahrt mit dem Frioul-If-Express
  • Bootsfahrt Calanques
  • Führungen und Eintritte laut Programm
  • Reiseleitung durch Koblenzer Bildungsverein

Reiseleitung: Hans-Jürgen Wenzel, Jürgen Zahren

Bericht: Hans-Jürgen Wenzel, Fotos: Wenzel, F. Schliephake

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