www.koblenzer-bildungsverein.de / Rückblick > Gent – mit allen Sinnen genießen
.

Gent – mit allen Sinnen genießen

Einen Tag „Auf den Spuren von Rubens" durch Antwerpen
3-tägige Kultur- und Studienreise
vom 29. bis 31. Oktober 2011

Unter diesem Motto führte der Koblenzer Bildungsverein die dreitägige Kultur- und Studienreise als Abschlussfahrt für das Jahr 2011 durch.

1. Tag, Samstag: Fahrt nach Gent
Am ersten Tag ging es in das lebendige Gent, der wunderschönen Stadt an der Leie, die von 1000 bis 1500 zu den wichtigsten Städten Europas zählte. Als uns Busfahrer Jakob unmittelbar vor dem historischen Rathaus absetzte, war der Himmel noch bedeckt.

Gent: Ankunft vor dem Rathaus

Das erste kulinarische Erlebnis war ein gemeinsames Mittagessen in der Brasserie Pakhuis, einer ehemaligen Lagerhalle, die der portugiesische Architekt Pinto zu einer charaktervollen Brasserie umgebaut hat. Bei einem Menü mit Hummersuppe und Schellfisch mit mediterranem Gemüse und Linguine konnten wir uns von der hervorragenden Fischküche überzeugen.

Gent: Stadtrundfahrt mit dem Boot auf der Leie

Bei der anschließenden Stadtrundfahrt mit dem Boot auf der Leie kam zeitweise die Sonne heraus. Wir waren beeindruckt von dem abwechslungsreichen Stadtbild. Die Fahrt endete am Bijlokekai, von dort aus besuchten wir das neue, im Oktober 2010 eröffnete, Stadtmuseum Gent, das STAM.

Gent: Eingang zum STAM

Im Rahmen einer Führung in drei Gruppen lernten wir auf dem ehemaligen Gelände der Bijloke Abtei die spannende und wechselhafte Geschichte Gents kennen. Während einer Zeitreise wird das Wachsen und Blühen der mittelalterlichen Großstadt in 300 Ausstellungsstücken und mithilfe interaktiver Medien erlebbar.

Gent: Stadtmodell im STAM

Beeindruckend ist vor allem das Stadtmodell von Gent, das inmitten eines Glasbodens steht, in dem eine aktuelle Luftbildkarte der gesamten Stadt Gent eingelassen ist. Sehenswert ist auch das mittelalterliche Klosterrefektorium aus der Zeit vor Jan van Eyck, der Saal Karl V., der in Gent geboren wurde und seiner Heimatstadt nicht immer wohl gesonnen war. So wurden im Jahre 1540 die Genter Bürger dafür bestraft, dass sie dem Kaiser, im Krieg gegen Franz I. von Frankreich, die Gefolgschaft verweigerten. Noch heute erinnert ein Denkmal in der Stadt daran, dass 50 Genter „Stoppendrager“ (Strickträger) barfüßig und im Büßerhemd um Gnade flehen mussten. Ein weiterer Saal ist dem „Genter Altar“ und dem Diebstahl der Tafel „Die gerechten Richter“ aus diesem Altar gewidmet.

Nach dem Besuch des Museums bezogen wir unser Hotel das »Ghent Marriott« an der Korenlei. Hinter der Fassade von drei historischen Häusern verbirgt sich das schönste und modernste Hotel von Gent. Am Abend bummelten wir bei spätsommerlichen Temperaturen durch die mittelalterliche Stadt und waren von der Lebendigkeit und Schönheit dieser flandrischen Stadt fasziniert.

Gent: Abend an der Korenlei

Bis weit nach Mitternacht waren die Straßen-Cafes vor der erleuchteten Kulisse der mittelalterlichen Häuser, insbesondere auf der Koren- und Graslei, gut besetzt. Die Menschen, insbesondere viele junge Leute (in Gent gibt es rund 70.000 Studentinnen und Studenten) genossen das mittelalterliche Flair bei angenehmen Temperaturen und oft bei einem guten Glas belgischen Biers.

2. Tag,  Sonntag: Antwerpen
Der Sonntag war Antwerpen gewidmet. Zunächst fuhren wir zum neuen Museumsgebäude der Stadt, dem MAS, Museum am Strom. Im MAS werden die Geschichten der Stadt und die Verbundenheit der Stadt mit der Welt dokumentiert. Beeindruckend ist die Architektur des 65 Meter hohen Gebäudes.

Antwerpen: Museum am Strom (MAS)

Leider reichte die Zeit nicht, um das Museum zu besuchen. Wir nutzten aber die Gelegenheit, um zumindest vom Dach des Museums, das über mehrere Rolltreppen zu erreichen ist, den Panoramablick auf die Stadt und seinen Hafen zu genießen. Anschließend fuhren wir zum Rubenshaus und begannen dort - in drei Gruppen - mit unserer dreistündigen Führung „Mit Rubens unterwegs“. Bereits das Wohnhaus selbst, das im Stil der flämischen Renaissance im 16. Jahrhundert erbaut ist, beeindruckte.

Rubens führte den italienischen Palazzo in Antwerpen ein; große Rundbogenfenster, üppige Ornamente in Grisaillemalerei sowie Torsi und andere Skulpturen, die auf das griechisch römische Altertum verwiesen. Besonders beeindruckend ist der barocke Portikus mit seinen drei Bögen, der die Funktionen Wohnen und Arbeiten des Hauses miteinander verband. Einige griechisch-römische Götter z.B. Merkur und Minerva wachen über dem Gebäudekomplex. Sehenswert ist auch der Garten, in dessen Mittelpunkt der noch erhaltene originale Pavillon steht. Im Inneren des Hauses sind zahlreiche Räume zu besichtigen; wie das Esszimmer mit dem Selbstbildnis von Rubens und das Kunstkabinett, eine Art Privatgalerie. Auffallend ist das prunkvolle Gemälde, das das Kunstkabinett des Antwerpener Geschäftsmanns Cornelis van der Geest zeigt. 43 Gemälde, von denen noch 24 heute bekannt sind, sind in dem Gemälde dargestellt. Beeindruckende Räume sind auch die halbrunde Galerie, in der Rubens seine Sammlung griechisch-römischer Skulpturen unterbrachte und das große Atelier, in dem zahlreiche Maler an den vielen Werken von Rubens mitgearbeitet haben. Das Haus beherbergt auch viele Originale von Rubens z.B. Das Tafelbild „Adam und Eva“ von 1600, das Portrait des jungen van Dyck und die Verkündigung. Die Führung durch das Rubenshaus endete mit der Sonderausstellung „PALAZZO RUBENS – Der Meister als Architekt“.

Bei dieser Ausstellung wurden die eher unbekannten Talente als Architekt des vielseitigen Barockkünstlers beleuchtet. Rubens war ein großer Kenner der römischen und zeitgenössischen italienischen Baukunst, was sich unschwer aus seinen Gemälden ableiten lässt. Erwähnenswert ist, dass Rubens im Jahre 1622 die „Palazzi di Genova“ publizierte, ein Tafelwerk mit Vorbildern für gute moderne Architektur, die er aus der italienischen Hafenstadt kannte. Mit seinen Kenntnissen wurde er auch bei bedeutenden Antwerpener Bauprojekten einbezogen, wie z.B. dem Bau der Sankt-Carolus-Borromäus-Kirche, welche von seinen Zeitgenossen als „das 8. Weltwunder“ bezeichnet wurde.

Antwerpen: Führung mit Sofie

Die weitere Führung „Auf den Spuren von Rubens“ führte zunächst auf die Meir, die schon zu Rubens Zeiten eine wichtige und vornehme Handelsstraße war. Dann zur Jacobskirche, die für Pilger gebaut wurde, die auf dem Weg nach Santiago del Compostela waren. Die Kirche beherbergt eine der reichsten kirchlichen Kunstsammlungen in der Stadt und das Grab von Rubens. Aus zeitlichen Gründen konnten wir nur das Hauptportal der Kirche besichtigen.  Der Weg führte weiter zum Haus des Nicolaas Rockox, in dem der jahrelang Freund Rubens wohnte. Für Rockox fertigte Rubens zahlreiche Meisterwerke an. Das Haus gehört heute der „Kreditbank“ und beherbergt ein Museum mit einer prächtigen Kunstsammlung.

Den Abschluss der Rubensführung bildete ein Besuch der gotischen Liebfrauenkathedrale. Sie ist das größte Kirchengebäude der „Niederlande“ und wurde im Jahr 1521 unter der Herrschaft Karls V. vollendet (nach 170 Jahren Bauzeit). Bei unserem Besuch in der Kathedrale erlebten wir eine Überraschung. Da das Königliche Museum für schöne Künste zur Zeit bis wahrscheinlich 2017 restauriert wird, sind viele Werke aus dem Museum im Rahmen einer Sonderausstellung in der Kathedrale zu sehen: Bilder, die früher bereits einmal in der Kathedrale hingen und von dem gigantischen  Reichtum der Kirche zeugten.

Antwerpen: Rubens-Gemälde Kreuzabnahme

So sind in der Kathedrale derzeit fünf Rubensbilder zu bewundern: „Die Kreuzaufrichtung“, „Die Kreuzabnahme“, „Die Auferstehung Christi“, „Maria Himmelfahrt“ und „Christus auf dem Stroh“. Neben den Gemälden sind in der Kathedrale die beiden Orgeln, die Kanzel, die Statue „Madonna mit dem Kind“, der Tabernakel und die Vertäfelung aus Holz der neun Beichtstühle sehenswert.

Den freien Nachmittag benutzen viele Teilnehmer, um sich weitere Zeugnisse von Rubens anzusehen z.B. die St. Pauluskirche, über den Flohmarkt zu bummeln, der jeden Sonntag in Antwerpen stattfindet oder den Hauptbahnhof zu besuchen. Hier wurde - unter Beibehaltung des historischen Kopfbahnhofs - ein moderner unterirdischer Durchgangsbahnhof geschaffen.

Antwerpen: Eingangshalle des Hauptbahnhofs

Den kulinarischen Höhepunkt der Reise und damit auch den Abschluss des Studienreisejahres 2011 bildete das gemeinsame Abendessen im ersten Stock des Restaurants „De Witte Leeuw“ an der Graslei in Gent.

3. Tag, Montag: Gent
Der letzte Tag begann mit einer dreistündigen Stadtführung zu Fuß durch Gent in zwei Gruppen.

Gent: Burg Gravensteen

Am Anfang stand die Burg Gravensteen. Sie ist eine der größten Wasserburgen Europas. An kaum einem anderen Ort der Welt steht eine derart massive Burg mitten im Stadtzentrum. Sie wurde ab 1180 erbaut und seit 1980 umfassend restauriert. Wir gingen weiter und sahen das Portal der ehemaligen Fischhalle mit dem gigantischen Neptun, flankiert von der männlichen Schelde und der weiblichen Leie. Wir überquerten die Leie und sahen auf der rechten Seite das einzig noch verbliebene Holzhaus von Gent. Die alte Fleischhalle konnten wir nur von außen bewundern, da sie montags geschlossen ist. Als nächstes sahen wir die beeindruckende schmiedeeiserne Kanone „Dulle Griet“, die seit über 425 Jahren dort steht, aus der aber noch nie geschossen wurde.

Gent: Kanone Dulle Griet

Auf dem Freitagsmarkt sahen wir das im Jugendstil erbaute Gewerkschaftshaus und das Denkmal von Jacob Van Artevelde, der dafür gesorgt hatte, dass Flandern während des Hundertjährigen Krieges weitgehend neutral und damit wohlhabend bleiben konnte. Nächstes Ziel waren das Rathaus, dessen eine Hälfte im Baustilen der „flammenden Gotik“ vom Anfang des 16. Jhs. und die wesentlich spätere italienische Renaissance. Dann kamen wir zum Herzen der Stadt zum Sint-Baafsplein. Hier ist die Wiege Gents. In der Nähe fließen Schelde und Leie zusammen. Der Name Gent aus dem keltischen Ganda d.h. Zusammenfluss ist davon abgeleitet. Auf diesem Platz hatten sich auf einem Sandhügel die ersten Bewohner niedergelassen.

Dort befinden sich heute der mächtige Belfried, die Sankt- Bavokathedrale und das Königliche Niederländische Theater. Das schöne Mosaik im Giebelfeld des Theaters stellt Apollo und die Musen dar. Gegenüber befindet sich der Springbrunnen mit einem Porträtmedaillon von Jan Frans Willems (1793-1846), dem Vater der flämischen Bewegung.

Imposant von außen ist der Turm der Sankt Bavo-Kathedrale. Wir betraten die Kathedrale, in deren Inneren eine Fülle von Kunstwerken zu besichtigen sind. So z.B. die Rokoko-Kanzel aus dem Jahre 1745 und ein Gemälde von Rubens „Die Bekehrung des Heiligen Bavo“. Wir hatten das Glück, dass ein großes Fernsehteam die Übertragung eines Gottesdienstes aus der Kathedrale vorbereitete, so dass alle Kunstwerke im Inneren der Kathedrale, insbesondere der Chorraum, gut ausgeleuchtet waren.

Gent: St. Bavo, Kanzel

Vor dem berühmtesten Werk der Kathedrale, das Genter Altarbild „Das Lamm Gottes“, das im Jahr 1432 von den Brüdern van Eyck geschaffen wurde, drängte sich eine lange Schlange. Der Altar gilt als Höhepunkts des Werks der „Flämischen Primitiven“ und ein Meilenstein in der Kunstgeschichte. Es wurde jahrelang restauriert und erst jetzt wieder hinter Panzerglas sichtbar. Unsere Führer erklärt das Altarbild an Hand einer Kopie im Chor-Bereich der Kirche.

Gent: Gruppe vor dem Belfried

Gegenüber der Kathedrale ragt der Belfried in den Himmel. Über dem majestätischen Wachturm wacht der Drache über die Bewohner der Stadt. Dies ist bereits die dritte Ausführung des 400-Kilogramm schweren Kupferdrachens (jetzt in Gold). Seit 1999 steht der Belfried auf der Liste des Weltkulturerbes. Von der Spitze des Belfriedes konnten wir bei prächtigem Wetter zum Abschluss der Führung nochmals einen Rundblick auf die Stadt genießen.

Gent: An der Korenlei

Da unser Bus erst um 16 Uhr fuhr, konnten wir uns nochmals in aller Ruhe - bei einem Spaziergang und einem Bier in eine der vielen Straßencafes an der Korenlei mit dem einmaligen Blick auf die schönen Gebäude - an der Lebendigkeit und Schönheit dieser Flämischen Stadt erfreuen. Ohne Störungen und Staus brachte uns unser Fahrer Jakob Hauprichs wohlbehalten zurück nach Koblenz.

Termin: Samstag, 29. Oktober 2011
Rückkunft: Montag, 31. Oktober, gegen 20.00 Uhr
Preise: Mitglieder: 297,- Euro, Gäste: 312,- Euro
EZ-Zuschlag: 50, - Euro

Leistungen

  • Busfahrt in modernem Reisebus
  • 2x ÜF im Vier-Sterne-Hotel Ghent Marriot
  • ein Mittagessen,
  • ein festliches Abendessen
  • Bootsrundfahrt Gent
  • Besuch des neuen Stadtmuseums mit Führung
  • Stadtführung Antwerpen und Besuch Rubenshaus
  • Stadtführung Gent
  • Eintritte: Museum Gent, Antwerpen
  • Reiseleitung durch Koblenz Bildungsverein

Gent: Herbst an einer Gracht

Leitung und Bericht: Jürgen Zahren, Fotos: Hans-Peter Günther

 

 

Powered by Papoo 2016
445572 Besucher