Turin und das Piemont
Das Piemont (ad pedes montem) ist eine der faszinierendsten und abwechslungsreichsten Landschaften Italiens, das auch heute noch zu den Geheimtipps von Italienliebhabern gehört. Es beeindruckt durch seine landschaftlichen Gegensätze, wie großartige Alpenpanoramen, palmengesäumte Seen und die Hügelketten des Monferrato und der Langhe. Die Hauptstadt Turin gehört zu den schönsten Städten Italiens. Die ehemalige Residenzstadt der Savoyer bietet ein faszinierendes einheitliches Stadtbild mit herrschaftlichen Plätzen und malerischen Ecken, kilometerlangen Arkadengängen, zahlreichen Galerien und imposanten historischen Gebäuden. Im Aostatal sahen wir eine der schönsten und besterhaltenen Burganlagen des Mittelalters und erlebten eine traumhafte Berglandschaft.
Besonders berühmt ist das reichhaltige und vielfältige Wein- und Gastronomieangebot. Für viele Jahre galt der Barolo als Lieblingswein der europäischen Höfe.
Bei dieser Reise widmeten wir uns schwerpunktmäßig Turin, dem Weinbaugebiet des Barolo, dem Aosta-Tal und dem Lago Maggiore. Wir übernachteten im Zentrum von Turin und am Lago Maggiore.
1. Tag, Do. 16. Mai: Anreise nach Turin
Bereits die Hinfahrt nach Turin war ein besonderes Erlebnis. Wir fuhren zum ersten Mal die Route durch das schweizer Jura und am Genfer See vorbei, durch den Tunnel des Großen St. Bernhard-Passes und weiter durch das Aosta-Tal nach Turin.
Nach dem Check-In in das komfortable 4-Sterne Hotel Best Western Plus Genova, direkt am historischen Hauptbahnhof von Turin gelegen, konnten wir ein sehr gutes viergängiges Abendessen mit italienischen Spezialitäten im nahegelegenen Restaurant Conca genießen.
2. Tag, Fr. 17. Mai: Turin
Am Hotel erwartete uns unsere Fremdenführerin Raffaella Bonetto, die uns in den nächsten Tagen überaus sachkundig durch das Programm führte.
Unser erstes Ziel war die Wallfahrtskirche Basilica di Superga. Von der Terrasse aus erlebten wir einen der schönsten Ausblicke auf die Stadt, die umliegenden Hügel und die Alpenkette.
Die gewaltige Barockanlage wurde zwischen 1717 und 1737 von Filippo Juvarra in 670 Metern Höhe auf Veranlassung von Vittorio Amade II. gebaut. Sie diente als Grablege der Könige des Hauses Savoyen. Wir besichtigten zunächst den Kirchenraum und stiegen dann hinab in die riesige Krypta mit den Grabmälern und Sarkophagen.
Im Klosterbereich befindet sich der Sala del Papi – mit den Porträts aller Päpste. Zum Abschluss besuchten wir die Gedenkstätte an die beim Absturz ihres Flugzeuges im Mai 1949 ums Leben gekommenen Fußballer des FC Turin. Dies ist auch heute noch ein Wallfahrtsort für Anhänger des Fußballs, wie wir vor Ort sehen konnten.
Danach ging es wieder hinunter in das Lingotto-Viertel zum ehemaligen Fiat-Werk. Bei der Mittagspause konnten wir bei „Eataly" einem Supermarkt von Slow Food italienische Köstlichkeiten genießen und italienische Produkte zu Vorzugspreisen einkaufen.
Anschließend besichtigten wir das gegenüber liegende 500 m langen Gebäude des ehemaligen Fiat-Werkes. Die ab 1916 erbaute und 1923 eröffnete Produktionsanlage war die größte und fortschrittlichste ihrer Zeit und besaß eine 1000 Meter lange Teststrecke als Rundkurs auf dem Dach, die über zwei Rampenanlagen erreicht werden konnten.
Nach der 1982 erfolgten Schließung und dem fortschreitenden Verfall des Werksgeländes kam es zu Protesten und schließlich einem Architektenwettbewerb für eine Neugestaltung. Nach den Entwürfen des Genueser Architekten Renzo Piano ist bis 1989 ein modernes Kultur- und Messezentrum mit Konzerthalle, Hotel, Einkaufszentrum und dem auf das Dach gestellten Kubus für die »Pinacoteca Giovanni e Marella Agnelli« entstanden.
In der Pinacoteca sind exquisite Werke von Canaletto bis Modigliani zu entdecken – darunter das Gemälde „Die blonde Badende" von Pierre-Auguste Renoir und sieben Gemälde von Henri Matisse – die uns mit einer Führung vorgestellt wurden.
Abschließend besuchten wir noch das etwas außerhalb von Turin gelegene königliche „Jagdschlösschen" Stupigni, das auf der Liste des UNESCO-Weltkulturerbes steht. Der 1729 begonnene Bau gilt als ein Hauptwerk des Barockarchitekten Filippo Juvarra.
Als weithin sichtbares Zeichen seiner Bestimmung krönt die Kuppel über dem Festsaal des prächtigen Barockschlosses ein bronzener Hirsch. Bis 1919 galt das ehem. Jagd- und Lustschloss zehn Kilometer südlich von Turin als Lieblingsresidenz der Savoyer.
Bei einem geführten Rundgang konnten wir die zahlreichen, im Stile des Rokokos mit Stuckaturen, Spiegeln und Fresken reich dekorierten Räume und Säle bewundern. Der zentrale Ballsaal wird von einem gigantischen Kronleuchter beherrscht.
Das gemeinsame Abendessen fand mit typisch italienischen Gerichten im Restaurant Guarini statt, u.a. mit Vitello Tonato und in Arneis geschmorten Rinderbäckchen.
3. Tag, Sa. 18. Mai: Aosta-Tal
Bei schönem Wetter ging es heute ins Aosta-Tal. Das Tal ist zweisprachig, Italienisch und Französisch (... unsere Reisebegleiterin war mindestens viersprachig ...). Burgen, Schlösser und antike Zeugnisse aus römischer Zeit, berühmte Viertausender wie Montblanc, Matterhorn, Monte Rosa und Grand Paradiso und jede Menge Naturparadiese prägen das lange Tal und seine Seitentäler. Bei der Ausfahrt Nus erwartete uns Fremdenführerin Dolores Juilio, die uns durch den ganzen Tag begleitete.
Als erstes besichtigten wir in zwei Gruppen Schloss Fenis, einst Sitz der Herren von Challant. Es zählt zu den besterhaltendsten Burgen Italiens aus dem Mittelalter. Besonders beeindruckend ist die Architektur mit doppeltem Mauerring und vielen Türmen, die das Hauptgebäude umschließen.
Sehr gut erhalten sind die zahlreichen bunten Fresken im spätgotischen Stil, die u.a. den heiligen Georg, der einen Drachen tötet, zeigen. Die Burg ist in Italien durch viele dort produzierte Filme, Briefmarken und Münzen bekannt.
Unser nächstes Ziel war Cogne, das wir vorbei an zahlreichen Wasserfällen und tiefen Schluchten auf 1.544 m Höhe erreichten. Cogne war das Zentrum des Eisenerzabbaus, der schon von den Römern betrieben wurde. Zahlreiche Gämsen weideten am Ortsrand und ließen sich von uns nicht stören.
Im Restaurant „La Barme" wurde uns köstlich aufgetischt; Schinken, Trockenfleisch, Wurst und der milde Rohmilchkäse, auf den das ganze Tal stolz ist. Zum Abschluss gab es einen hausgemachten Grappa.
Unser letztes Ziel für den heutigen Tag war die bereits von den Römern gegründete Hauptstadt Aosta mit ihren romantischen Gassen, dem Triumphbogen des Kaisers Augustus sowie den Resten der römischen Porta Praetoria.
Sehr sehenswert war auch der vor wenigen Jahren restaurierte Kreuzgang des Kollegiatsstiftes Sant'Orso ( St. Ursus) mit vierzig zierlichen Säulen aus geschwärztem Marmor aus der Zeit um 1100 n.Chr.
Bei schönstem Wetter ging es zurück nach Turin, vorbei an der mächtigen Festung von Bard, die nach der Sprengung durch napoleonische Truppen zwischen 1830 und 1838 durch das Haus Savoyen neu gebaut wurde und erst seit 2006 für Besucher geöffnet wurde. Der Abend stand zur freien Verfügung.
4. Tag, So. 19. Mai: Barockstadt Turin
Am Sonntag widmeten wir uns ganztägig der Barockstadt Turin. Wir begannen an dem in der Nähe liegende monumentalen Kopfbahnhof Porta Nuova – von dem aus eine gerade Achse bis zum Kern des Altstadtbereiches führt – der Piazza Castello. Der Bahnhof ist nach Rom Termini und Milano Centrale der drittgrößte Bahnhof Italiens mit etwa 350 Zügen pro Tag. Unser Spaziergang führte über Plätze mit einladenden Straßencafés, durch die Einkaufspassagen aus der Belle Époque und unter den kilometerlangen Portici (Arkaden). Wir überquerten zunächst die Piazza Carlo Felice und kamen dann zur kleinen Piazza C.L.N. Hier konnten wir die beiden Brunnenskulpturen bewundern, die Allegorien der beiden Flüsse Turins – Po und Dora Riparia – darstellen. Weiter ging es über die Via Roma zur Piazza San Carlo. Im Zentrum des 186x76 Meter großen Platzes steht das Reiter-Standbild von Herzog Emanuele Filiberto, der Turin 1563 zur savoyischen Hauptstadt machte. Rings um das Denkmal wird der Platz von Barockpalästen mit offenen Kolonnaden und verputzten Fassaden flankiert.
Zwischen Piazza Carlo Alberto und der elegante Piazza Castello passierten wir die „Welt" der am 30. Dezember 1874 eingeweihten Galleria Subalpina. Für den Turiner Autor Giuseppe Culicchia ist sie die „sexieste Passage der Stadt". Sie ist knapp 50 Meter lang und 18 Meter hoch und es vermischen sich in ihr Barock und Renaissanceelemente mit Eisen, Glas und Marmor.
Das Denkmal vor dem Palazzo Carigano, einem monumentalen Backsteingebäude, in dem bis 1865 das erste italienische Parlament tagte nutzten wir für eine Gruppenaufnahme mit unserer örtlichen Reiseleiterin Raffaella Bonetto. Ganz in der Nähe befindet sich auch das Ägyptische Museum – das zweitgrößte nach dem Museum in Kairo.
An der Piazza Castello angelangt, nutzten wir bei einer kleinen Pause die Gelegenheit im »Caffe al Bicerin« den Bicerin, das Traditionsgetränk der Turiner zu trinken. Unten sündhaft süße, heiße Schokolade, darüber einen kräftigen Espresso und obenauf eine Haube aus Crema di Latte und fertig ist der Bicerin, ein Glanzlicht aus der Welt des italienischen Kaffees. Zur Legende wurde das winzige »Caffe al Bicerin« durch seine illustren Gäste, wie Puccini, Nietzsche, Cavour, Gozzano und Calvino.
Die Piazza Castello ist der Mittelpunkt der Stadt und ein Ort der Begegnung. Die Nordseite des Platzes nimmt der Palazzo Reale ein, das ehem. Königsschloss der Savoyer. Ein von Pelagio Pelagi 1835 entworfenes Eisengitter trennt die Piazzetta Reale von der Piazza Castello. Rechts und links bewachen die 1846 geschaffenen Reiterstandbilder von Castor und Pollux das Tor.
Nach der Mittagspause besichtigten wir die Innenräume des Palazzo Reale, des königlichen Schlosses, das seit 1997 zum UNESCO-Weltkulturerbe gehört.
Das Schloss beeindruckt mit seiner prunkvollen Innenausstattung und beherbergt mit der »Galeria Sabauda« die bedeutendste Gemäldesammlung der Stadt mit zahlreichen Werken italienischer und flämischer Meister von Botticelli bis Rubens. Die »Ameria Reale« – die königliche Waffensammlung – zählt zu den größten Europas. Danach besichtigten wir noch die Cathedrale di San Giovanni Battista, in deren »Capella della Sacra Sindone« die wichtigste Turiner Reliquie aufbewahrt wird: das Leichentuch Christi.
Zum Abschluss bewunderten wir den Palazzo Madama mit einer der schönsten Barockfassaden der Stadt. Kolossalpilaster wechseln sich mit großen Rundbogenfenstern ab. Die Dachbalustrade schmücken Statuen und Vasen. Der Abend stand zur freien Verfügung.
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