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Kelheim, Regensburg und Landshut

4-tägige Kultur- und Studienreise
vom 26. bis 29. April 2018

Der Koblenzer Bildungsverein hat mit seinen Fahrten nach Ulm, Wien und Budapest bereits einen Teil der Geschichte der Donau entdeckt. 2018 setzen wir die Entdeckung fort mit den Studienreisen nach Regensburg, Bratislava und der Begegnung Donau mit dem Neusiedler See. Obwohl die gewünschte Mindestteilnehmerzahl nicht erreicht wurde, haben wir die Fahrt mit 23 Teilnehmern durchgeführt. 

1. Tag, Donnerstag: Anreise nach Regensburg, Besichtigung einer Papiermühle
Während der mit zahlreichen Staus auf der A3 verbundenen Anreise haben wir einen kleinen Abstecher nach Homburg am Main unternommen. In der zur Gemeinde Markt Triefenstein bei Marktheidenfeld gehörenden Kommune steht eine historische Papiermühle, in der bis 1975 Papier hergestellt wurde, zuletzt Aktendeckel und Packpapier. Da die komplette technische Anlage in den Produktionsräumen erhalten blieb, konnte nach umfangreichen und öffentlich geförderten Restaurierungsmaßnahmen 1997 die Homburger Papiermühle als Museum eröffnet werden. Sie befindet sich heute in der Trägerschaft des Landkreises Main-Spessart.

Homburg am Main, Papiermühle

Johannes Follmer, der Ur-Urenkel des Gründers der Mühle, erläuterte zunächst die Geschichte des Gebäudes und das große Wasserrad. Danach führte uns durch die Wohn- und Arbeitsräume der Mühle und zeigte und erläuterte Werkzeuge, Utensilien und Maschinen aus dem 19. und 20. Jahrhundert.

Oberschlächtiges Wasserrad der Papiermühle

Das eiserne Wasserrad aus dem Jahr 1907 war bis 1975 im Einsatz, wurde ab 1994 originalgetreu rekonstruiert und treibt heute einen modernen Generator. Ungewohnt ist die Drehrichtung des Rades, da das Wasser aus dem Mühlgraben vor dem Auftreffen auf die Schaufeln seine Fließrichtung ändert.

Papier wurde damals nicht nur aus Altpapier, sondern auch aus Lumpen, Hanf und Baumwolle hergestellt. Diese Stoffe wurden in einem sog. Holländer zerkleinert und anschließend eingeweicht. Schöpfen – Gautschen – Pressen und Trocknen waren die weiteren Schritte bis zum fertigen Papier.

Joh. Follmer erläutert die Papierherstellung

Inzwischen erzeugt Papiermacher Johannes Follmer feine Büttenpapiere für Gebrauchs- und Künstlerbedarf.

Da in der Nähe keine Gastronomie zur Mittagszeit geöffnet hatte, fuhren wir wieder auf die Autobahn und legten dort eine Rast ein. Nach weiteren Staus erreichten wir am späten Nachmittag Regensburg. Dort bezogen wir unser Quartier im Best Western Premier Novina Hotel, Ziegetsdorfer Straße, das wir nur weiterempfehlen können. Es liegt fernab vom Lärm der Regensburger Innenstadt, die in 10 Minuten mit dem (Linien-)Bus zu erreichen ist. Der Abend stand zur freien Verfügung. Gelegenheit zum Essen gab es im Restaurant „Alte Ziegelei".

2. Tag, Freitag: Befreiungshalle, Kloster Weltenburg, Schloss Emmeram

Kelheim, Befreiungshalle

Auf dem Michelsberg - hoch über der Kreisstadt Kelheim - steht die Befreiungshalle,deren Vorbild das Pantheon in Rom war. Sie wurde erbaut vom Architekten Friedrich von Gärtner und nach dessen Tod weitergeführt von dem bekannten Leo von Klenze. Auftraggeber war der bayrische König Ludwig I, der die Einweihung am 18. Oktober 1863, dem 50. Jahrestag der Völkerschlacht bei Leipzig, nicht mehr als König erlebte. Denn bekanntlich musste Ludwig im Jahre 1848 wegen der Affaire um Lola Montez zu Gunsten seines Sohnes, Maximilian II abdanken.

Kelheim, Inneres der Befreiungshalle

Die Befreiungshalle steht in einer Reihe mit den anderen von Ludwig in Auftrag gegebenen Monumentalbauten; in München die Feldherrnhalle, das Siegestor und die Ruhmeshalle sowie die Walhalla oberhalb Donaustauf östlich von Regensburg.

Kelheim, Siegesgöttinnen

Die Befreiungshalle erinnert mit einem Kreis von Siegesgöttinnen an die Völkerschlacht bei Leipzig im Jahre 1813 und gedenkt auch der Toten der anderen Schlachten napoleonischer Zeit. Maria Thoma-Schmidt erläuterte uns in einer einstündigen Führung zum Thema „König Ludwig I und die Befreiungshalle: Königliche Baubegeisterung für den Ruhm Bayerns" die Architektur und die Hintergründe des Baues. 34 Siegesgöttinnen und Tafeln mit den Namen der Schlachten und der siegreichen Feldherren erinnern an die Befreiung von Napoleon I.

Kloster Weltenburg, Weltenburger Enge

Anschließend genossen wir bei herrlichstem Sonnenschein eine etwa 45 minütige Schifffahrt auf dem Schiff MAXIMILIAN von Kelheim auf der Donau durch die berühmte Weltenburger Enge. Die oft auch als Donaudurchbruch bezeichnete Engstelle ist das erste bayrische Naturschutzgebiet.

Kloster Weltenburg

Ziel war Kloster Weltenburg, das älteste bayrische Kloster (angeblich 617 n. Chr., sicher aber vor 700 n. Chr.), seit Beginn des 8. Jh. Benediktinerabtei (OSB). Wir besichtigen (ohne Führung) die herrliche 1718 eingeweihte Barockkirche St. Georg, geschaffen und gestaltet von den Brüdern Egid Quirin Asam (Bildhauer und Stuckateur) und Cosmas Damian Asam (Maler). In der Klosterschenke labten wir uns an bayrischen Spezialitäten und (die meisten unserer Gruppe) auch am berühmten Weltenburger Dunkelbier.

Regensburg, St. Emmeram

Letztes Ziel dieses Tages war in Regensburg die ehem. Benediktinerabtei St. Emmeram, bis zur Säkularisation Reichsabtei und seit 1812 Hauptresidenz derer von Thurn und Taxis. Generalpostmeister Fürst von Thurn und Taxis war ab 1748 Prinzipalkommissar, also Vertreter des Kaisers beim sog. Immerwährenden Reichstag in Regensburg.

Regensburg, St. Emmeram, Schlosshof

Als das Reich 1806 schmählich endete, wurde er für den Verlust seiner Stellung reich mit Land entschädigt, darunter auch mit dem heutigen Schloss, einem der größten privaten Schlösser in Europa. Eine Führung mit Helga Sauer zeigte uns die Prunkräume mit wertvollen Wandteppichen, Gemälden und hochherrschaftlichem Mobiliar sowie den Kreuzgang mit der neugotischen Gruftkapelle des Fürstenhauses.

Regensburg, Kreuzgang St. Emmeram

Anschließend besuchten wir noch die ehem. Stiftskirche St. Emmeram, im 8. Jahrhundert gegründet am Grabe des Bischofs und Klostergründers Emmeram. Die dreischiffige Basilika mit Westquerhaus und drei Chören zeugt mit ihren fast 20 Altären und vielen Grabdenkmälern von mittelalterlicher Frömmigkeit. Sie ist heute Pfarrkirche der Stadt Regensburg und seit 1964 basilica minor.  

Regensburg, Abend am Donauufer

Wer noch in der Stadt geblieben war, erlebte am Donauufer einen wunderbaren Sonnenuntergang.

3. Tag, Samstag: Regensburg – Unesco-Welterbe seit 2006

Regensburg, Schedelsche Weltchronik 1493

Der Tag stand ganz im Zeichen der Stadt Regensburg mit heute rund 170.000 Einwohnern, Bischofssitz, Universitätsstadt, kreisfreie Stadt und Hauptstadt des bayrischen Bezirks Oberpfalz. Regensburg war eine römische Gründung (Castra Regina; 179 n. Chr.), von 1245 bis 1803 Freie Reichsstadt und gehört seit 1810 zu Bayern. Die Politik stand immer im Spannungsfeld zwischen der im Jahre 1542 evangelisch gewordenen Reichstadt und den katholisch gebliebenen reichsunmittelbaren Herrschaften in Regensburg: dem Hochstift Regensburg des Bischofs und den Reichsklöstern St. Emmeram, Niedermünster und Obermünster. Die Altstadt gehört seit dem Jahre 2006 zum UNESCO-Welterbe.
Der Bus entließ uns am Busparkplatz in Stadtamhof auf dem linken Donauufer. Hier erinnert Dampflokomotive 99 253 als Denkmal an die im Jahr 1968 stillgelegte meterspurige Walhallabahn nach Donaustauf/Wörth („Walhallabockerl"). Über die Steinerne Brücke erreichten wir die Tourist-Info am Alten Rathaus, den Ausgangspunkt unserer Führungen.
Herr Joachim Buck zeigte uns in einer zweistündigen Führung zum Titel „Vergangenheit + Gegenwart = Zukunft" schwerpunktmäßig einige sehenswerte Baudenkmäler.

Regensburg, Porta praetoria (um 180 n.Chr.)

So sahen wir die römische Porta Praetoria (inzwischen in das ehem. bischöfliche Brauhaus integriert), Häuser und Wohntürme reicher Patrizier, die an San Gimignano in Italien erinnern, Kirchen und Klöster sowie Zeugnisse des Judentums, wie etwa das Mahnmal für eine schon zu Beginn des 16. Jh. abgerissene Synagoge am Neupfarrplatz.

Regensburg, Neupfarrplatz

Am Zieroldsplatz erinnert ein Denkmal an Don Juan d'Austria, Gewinner der Seeschlacht bei Lepanto gegen die Türken im Jahre 1571. Er war Sohn des Kaisers Karl V. und der Regensburger Bürgerstocher Barbara Blomberg.
Beim Bau der Steinernen Brücke von 1146 soll der Teufel geholfen und sich als Lohn vom Brückenbaumeister die ersten drei Seelen ausbedungen haben, die die Brücke passierten. Der kluge Brückenbaumeister jagte einen Hahn, eine Henne und einen Hund hinüber. Der gefoppte Teufel krümmte wütend unter der Brücke seinen Rücken und wollte sie zerstören. Das gelang nicht ganz; aber der mittlere der 14 Bögen trug einen „Buckel" davon. In Wahrheit wurde der mittlere Brückenbogen für die Durchfahrt der Schiffe höher gewölbt. Die ehemalige Baubude der Brücke beherbergt seit über 850 Jahren die älteste „Wurstkuchl" der Stadt.

Regensburg, Reichssaal

Im Anschluss an diese Stadtführung besichtigen wir unter Führung von Benjamin Riehl das alte Rathaus. Im historischem Saal tagte von 1663 bis 1806 der „Immerwährende Reichstag", die nicht gewählte Ständevertretung des Reiches. Seine letzte Entscheidung war der Reichdeputationshauptschluss von 1803, mit dem die weltlichen Staaten Deutschlands durch geistliche Territorien - für die im Frieden von Lunéville 1801 an Frankeich abgetretenen Gebiete - entschädigt wurden. So wurden zwei Kurfürstentümer, neun Reichsbistümer, 44 Reichsabteien (St. Emmeram!) und 45 Reichsstädte aufgelöst. Das alte Rathaus ist inzwischen Reichstagsmuseum.

Regensburg, Fragstatt unter dem Rathaus

Eine Besonderheit in den Kellergewölben ist die weitgehend original erhaltene Fragstatt („vornehme" Bezeichnung von Folterkammer, Kriminalgericht und Verließ).

Nach einer individuellen Mittagspause folgte eine 75-minütige Führung durch den Regensburger Dom St. Peter, eine größten bayrischen Kirchen im Stil der französischen Gotik. Vom Baubeginn im Jahre 1273 bis zur Fertigstellung vergingen rund 600 Jahre. Nach einer Pause ab 1520 wurde der Dom 1613-1649 barockisiert und ab 1818 unter König Ludwig I regotisiert; erst 1869 erhielt er seine Türme in der heutigen Gestalt.
Sehenswert der 1784 vollendete barocke Hochaltar ganz in Silber und Gold, die mittelalterlichen Glasfenster, die größte hängende Orgel der Welt und der Skulpturenschmuck, darunter die Verkündigungsgruppe mit Maria und dem lachenden Engel aus dem 13. Jahrhundert. Beachtlich die auf das eh. Judenviertel ausgerichtete Skulptur der Judensau auf einem Pfeiler an der Südseite des Doms. Unterhalb ist im Einvernehmen mit dem Landesverband der israelitischen Kultusgemeinden seit 2005 (erst!) ein distanzierendes Hinweisschild angebracht. Besonders aber dürfte es das Bistum Regensburg freuen, dass der Freistaat Bayern Eigentümer des Domes und damit Träger der Kirchenbaulast ist. Unsere Führerin Frau Petra Lorey-Nimsch wies auf einige leicht übersehbare kleinere Skulpturen hin: den Teufel und seiner Großmutter am Westportal oder einen Hund mit Schweinekopf und ein Schwein mit Hundekopf, in die nach Anspielung auf die Heilung eines Besessenen durch Christus die bösen Geister fahren sollen.

Regensburg, Im Biergarten

Der Tag klang aus mit einem typischen bayrischen Abendessen im Biergarten „Weltenburger am Dom".

4. Tag, Sonntag: Landshut, Rückfahrt

Auf der Rückfahrt machten wir Station in Landshut, der im Jahre 1204 gegründeten historischen bayrischen Herzogsstadt bis 1503. Die Stadt an der Isar ist heute Regierungssitz des bayrischen Bezirks Niederbayern. Überragt wird die Stadt von der Burg Trausnitz aus der Zeit der Renaissance.

Landshut, Gruppe im Rathaus

Wir hatten eine zweistündige Stadtführung mit Frau Rosmarie Ottl. Weitgehend erhalten blieb das mittelalterliche Stadtbild mit seinen Häusern aus der Zeit der Gotik, der Renaissance und des beginnenden Barock.

Landshut, Fürstenhochzeit

Im Prunksaal des Rathaues zeigt ein Gemälde (von 1882) die Landshuter Hochzeit im Jahre 1475 zwischen Herzog Georg dem Reichen und Jadwiga (Hedwig), der Tochter des polnischen Königs Kasimir IV. Da aus der Ehe kein Sohn hervorging, endete die Herrschaft der Landshuter Herzöge mit dem Tode des Herzogs im Jahre 1503.

In der im Jahre 1500 geweihten dreischiffigen Pfarr- und Stiftskirche St. Martin verbinden sich Elemente der Hoch- und Spätgotik. Die fast ganz aus Backstein erbaute Kirche ruht auf einem Fundament von 50.000 Eichenpfählen. Der 130,1m hohe Turm ist der höchste Backsteinturm der Welt und der höchste Kirchturm Bayerns. Man sagt, er sei so hoch gebaut, damit man dem Herzog auf Burg Trausnitz in den Suppentopf habe sehen können. Die aus einem Stein gehauene sechseckige Kanzel von 1219 ist ein bedeutendes Kunstwerk gotischer Steinhauerei.

Hans Leinberger: Gotische Madonna

Bedeutendstes Kunstwerk in der Kirche ist die 1520 von Hans Leinberger geschaffene gotische Madonna, die mit der bewegten Geste des Kindes und dem reichen Faltenwurf schon die Sinnenfreude des Barock ahnen lässt. Ein im Jahre 1946 vom Künstler Hans Lacher gestaltetes Fenster zeigt die drei Nazigrößen Hitler, Göring und Goebbels als Folterknechte des hl. Castulus. Die Kirche wurde 2001 zur Basilika minor erhoben.

Die Heimfahrt nach Koblenz verlief staufrei, da wegen des langen Wochenendes (Brückentag 30. April und Feiertag 1. Mai) wohl der Sonntags-Rückreise-Verkehr fast völlig fehlte.

Termin: Donnerstag, 26. April 2018
Abfahrt: 8.00 Uhr, Koblenz, Reisebusbahnhof (Sparda-Bank)
Rückkunft: Sonntag, 29. April 2018, gegen 21.00 Uhr
Preis: Mitglieder: 387,00 € p.P. im DZ Gäste: 402,00 €  p.P. im DZ   
EZ-Zuschlag: 95,00 €

Leistungen:

Leitung: Hans-Jürgen Wenzel

Bericht: Hans-Jürgen Wenzel,
Fotos: Befreiungshalle: Helga Spoo von der Weiden und Hans-Jürgen Hermann,
Schloss Emmeram: Hans-Jürgen Wenzel, alle übrigen Aufnahmen: Hans-Peter Günther

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